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(c) 2004 Oliver Bonten

Ho Chi Minh City (07.11.2003-11.11.2003)

Saigon

Ho Chi Minh

Er war einmal in seinem Leben in der später nach ihm benannten Stadt: um sich 1911 als Küchenjunge einzuschiffen und so seine Passage nach Frankreich zu bezahlen.

Angeblich macht man sich gegenüber Beamten und anderen Offiziellen, wenn man Ho Chi Minh-Stadt, the city formerly known as "Saigon", bei ihrem Vorkriegsnamen nennt, ungefähr so beliebt wie wenn man einem DDR-Grenzbeamten gesagt hat, man wolle in die Zone einreisen. So ganz kann das aber nicht stimmen, denn erstens steht sogar auf den öffentlichen Fernbussen aus Hanoi "Sài Gòn" als Ziel, und zweitens heißt der erste Bezirk, also das Stadtzentrum, von HCMC immer noch "Saigon", so dass man im Zweifelsfalle eine gute Ausrede hat - westliche Touristen zieht es eh im wesentlichen dorthin. (Chinesische Touristen hingegen ziehen Cho Lon (Cholon) vor, einen benachbarten Bezirk, der mal eine eigene Stadt war.) Außerdem gibt es überall Hotels "Saigon City" o.ä., und selbst eine alte Tourismusagentur heißt "Saigontourist".

Wenn man so durch Saigon - die Innenstadt - läuft oder fährt, ist der erste Eindruck, dass die Amerikaner doch den Vietnamkrieg gewonnen haben. Alles ist voller Leuchtreklamen oder Panels, auf denen Werbefilme für japanische Autos laufen. Logos westlicher Firmen erhellen die Skyline, und wenn man eine der Hauptstraßen entlang auf den Saigon River zugeht, leuchtet auf der anderen Straßenseite der Mercedesstern, wo man bestenfalls den roten Stern erwartet hätte. Erst nach einiger Zeit erkennt man an einem untrüglichen Detail, dass die Amerikaner doch nicht gewonnen haben, oder genauer, man erkennt es an der Abwesenheit eines Details: keine goldenen Torbögen in der ganzen Stadt. Auch kein Burger King, Starbuck's, Häagen Dasz, 7/11 etc.. Nur KFC hat es geschafft, aber der Legende nach haben sie sich Ärger eingehandelt, als ein KFC-Manager anmerkte, Colonel Sanders sehe doch ein bißchen wie Ho Chi Minh aus. Eine der Harmlosesten Entgegnungen der Vietnamesen war noch die Feststellung, dass Ho Chi Minh General war und nicht Colonel.

Erfinder
	    der Brieftaube

Die Innenstadt ist auch voller Verkehr, und auf den dreispurigen Straßen herrscht sicher 9-12-spuriger Motorradverkehr. Nicht auszudenken, was passiert, wenn die sich mal alle Autos leisten können. Die Stadtverwaltung hat jüngst beschlossen, dass pro Person nur ein Motorrad zugelassen werden kann, woraufhin es laute Proteste gab. Vorbildlich sind allerdings die für asiatische Verhältnisse nicht nur überraschenderweise vorhandenen, sondern auch benutzbaren Fußwege auf den Hauptstraßen, außerdem gibt es auf wichtigeren Straßen auch Fahrradwege, die allerdings von den furchtsameren unter den Motorradfahrern genutzt werden - die Radfahrer müssen auf den Bürgersteig ausweichen. An den allerwichtigsten Straßen gibt es sogar spezielle Motorradwege.

In der Touristenecke von Saigon, Pham Ngu Lao und De Tham, in der auch der Bus hielt, sah es fast so aus wie in der Khao San Road in Bangkok. Nur, dass die Unterkünfte wirklich billig waren. Auf jeden Fall war das Viertel voller billiger, schlechter Restaurants, Reisebüros, T-Shirt-Läden und Agenturen für alles mögliche.

Sozialistische Kunst

Im Loose ist ein Routenvorschlag für einen Fußmarsch durch Ho Chi Minh City wiedergegeben (den ich übrigens in meinen handschriftlichen Notizen, ohne darüber nachzudenken, mit "HCM-Trail" abgekürzt habe - ist mir erst beim nachträglichen Lesen aufgefallen), dem ich am Samstag und Sonntag gefolgt bin. In der Nähe der Hotelstraßen gibt es einen Markt, der baulich deutliche Ähnlichkeiten mit dem von Phnom Penh aufweist - beide sind ungefähr zur selben Zeit von den Franzosen gebaut worden. Dort werden alle möglichen Dinge zu aberwitzig niedrigen Preisen verkauft. Frische Cashews für etwa 90.000 (5,06 ) pro Kilo (!), die sich wahrscheinlich noch herunterhandeln lassen, Kaffee zwischen 10.000 (0,56 ) für das Kilo schlechten Kaffee und 20.000 (1,13 ) für das Kilo vom Besten, und der ist in Vietnam nicht wirklich schlecht. Auch T-Shirts oder hölzerne Eßstäbchen lassen sich hier günstig erwerben.

Ein Stück weiter liegt das städtische Kunstmuseum, das laut Loose eine Etage voller "sozialistischer Realismus" beherbergt - der ist nicht mehr zu finden. Gut sind auch einige Erklärungen zu den Skulpturen aus der Angkor-Zeit und davor - so haben sie z.B. erklärt, warum es viele Figuren von sitzenden Buddhas gibt und wenige von stehenden, und warum letztere meistens lange Roben tragen: damit die Figur nicht so schnell zerbricht oder zusammenfällt. In Angkor oder in Thailand wurden solche Erklärungen nicht gegeben. Auf dem weiteren Weg gibt es einige alte Kolonialbauten, z.B. ein altes Hotel, in dem inzwischen das Volkskomittee tagt - davor die einzige Ho Chi Minh-Statue, die ich in Ho Chi Minh-Stadt gesehen habe, sitzend, vermutlich, damit sie nicht so schnell zusammenkracht. Das Stadtmuseum wiederum wimmelt von Hochzeitspaaren, die sich in dem alten Gebäude ablichten lassen, und meistens ist die Treppe nach oben von der Schleppe eines imposanten Brautgewandes versperrt.

Unterwegs habe ich noch meine Brille reparieren lassen. Die war mir in Kambodscha zersprungen, und ich habe den dortigen Optikern nicht getraut. Da eines der Gläser unmeßbar kaputt war, mußte der Optiker meine Augen neu vermessen und hat mir schließlich hochbrechende Gläser verkauft, die angeblich noch besser seien, als die, die ich vorher drin hatte. Innerhalb von vier Stunden war die Brille repariert (in Deutschland brauchen die Optiker meist einige Tage, um die Gläser überhaupt zu bestellen - möglicherweise ist die Linsenfabrik oder das Importlager aber in Ho Chi Minh City, und sie konnten den Lehrling mit dem Motorrad schicken), und das ganze hat 22,00 US$ (18,63 ) gekostet! Sie haben auch noch die alten Nasenstege ausgewechselt. Anfangs hatte ich die Optikerin mißverstanden und dachte, es seien 22$ pro Glas, und habe mir noch gedacht: das ist aber billig. Nachher waren es 350.000 (19,69 ), die sie, da ich mit Kreditkarte gezahlt habe, zu 22$ abgerundet haben. Ich war mit der Reparatur sehr zufrieden. Wenn man zwei oder drei Brillen haben möchte, ist es wahrscheinlich billiger, nach Saigon zu fliegen und sie dort zu kaufen, als sie in Deutschland anfertigen zu lassen.

Bombe

Sehr interessant ist das "War Remnants Museum", das früher einmal "War Crimes Museum" hieß und die Zivilschäden des Vietnamkriegs dokumentiert. Es ist überraschend neutral gehalten und enthält wenige böse Worte (aber das Wort "Kriegsverbrechen" fällt doch einige Male, z.B. bei der Dokumentation zu dem Massaker von My Lai). Es ist auch eine ganze Reihe amerikanisches und südvietnamesisches Gerät ausgestellt, und beschriftet mit technischen Daten und Angabe der Herstellerfirma. Es gibt eine ausführliche Dokumentation zu Journalisten, die im Krieg umgekommen sind, z.T. mit "Last Roll"-Bildern, d.h., Fotos, die noch in den bei den Toten gefundenen Kameras waren. In einer anderen Halle sind Fotos mißgebildeter Kinder ausgestellt, deren Eltern mit Agent Orange oder anderen Chemikalien in Kontakt gekommen waren, die im Krieg eingesetzt wurden. Darunter sind auch Fotos der Kinder einiger amerikanischer Soldaten, die im Dienst mit den Chemikalien kontaminiert wurden. Auf jeden Fall empfehlenswert.

Auch gut ist der "Wiedervereinigungspalast", der ehemalige Präsidentenpalast von Süd-Vietnam. Auf dem Gelände ist der Panzer ausgestellt, der zum Ende des Krieges das Tor des Palastes durchbrochen hat. Man darf nur in einer geführten Gruppe durch den Palast gehen; die Führung ist sehr interessant und ebenfalls sehr neutral. Die meisten Räume sind noch unverändert, einige werden allerdings auch bei offiziellen Anlässen benutzt. Unter dem Gebäude sind Luftschutzkeller zu sehen, in die die Bewohner des Palastes bei Bedarf evakuiert wurden - am Schlafzimmer des Präsidenten im Luftschutzkeller steht auf Englisch: "Combat Duty Bedroom". Fragt sich, ob die Präsidentin wirklich so schwierig war. Am Ende der Führung wird noch ein Film gezeigt, der dann nicht mehr ganz so neutral die politischen Ereignisse während des Vietnamkrieges kommentiert, aber sehr gute Erklärungen zur Architektur des Palastes gibt, u.a. die in der Fassade versteckten chinesischen Buchstaben zeigt. Am Ende wird ein patriotisches Lied gesungen, von dem ich hoffe, dass es sich nicht um die Nationalhymne handelt - der Text ist genau fünfmal so kreativ wie der eines Zwergenliedes, er besteht nämlich aus der zyklischen Wiederholung der fünf Silben "Viet Nam - Ho Chi Minh".

Das historische Museum wiederum lohnt mMn. keinen Besuch, es ist sehr chaotisch, und wenn man nicht schon vorher weiß, welcher Kaiser wann was gemacht hat, weiß man es nachher auch nicht.

Zum Abschluß des Nachmittages habe ich mich in einem Restaurant niedergelassen, das auf "Kem Phap" spezialisiert ist. Ob man es glaubt oder nicht, beide Worte entstammen westeuropäischen Sprachen. Man stößt sehr häufig auf Worte französischen oder englischen Ursprungs, die überhaupt nicht zu erkennen sind, aber wenn man weiß, was sie bedeuten, merkt man, dass die entscheidenden Vokale und Konsonanten noch an Ort und Stelle sind. Manche Worte sind allerdings leichter zu identifizieren, so z.B. "Ca Phe". Das ist eine zähflüssige (!) schwarze Masse, die man morgens zum Frühstück zu sich nimmt und die dazu geeignet ist, Tote wieder aufzuwecken oder Lebende auf dem Wege des Herzinfarktes ins Jenseits zu befördern. Am besten beides Nacheinander. Also trinkt man zwei Tassen Ca Phe, eine für den Herzinfarkt und eine für die Wiederauferstehung. Ca Phe wird in einem Glasgefäß von der Größe eines Trinkglases oder kleinen Bierglases gereicht, auf dem ein kleiner Aluminiumfilter sitzt, aus dem die schwarzen Tropfen in das Glas tropfen. Um das richtige Maß an Zähflüssigkeit einzustellen, wird dazu noch ein Thermosgefäß mit heißem Wasser gereicht - ich dachte zuerst, das sei für Weicheier, habe aber inzwischen festgestellt, dass auch Vietnamesen nachregeln. (Inzwischen weiß ich, dass das heiße Wasser wirklich für Weicheier ist, dass aber viele Vietnamesen selber Weicheier sind.) Bestellt man den Ca Phe mit Milch, so befindet sich am Boden des Glases ein weißer Schleim, der sich mit der tropfenden schwarzen zähflüssigen Masse nicht vermischt - man muß hinterher aktiv umrühren.

"Kem" gibt es in vielen Farb- und Geschmacksrichtungen und wird gewöhnlich mit Sahne, Milch, Zucker, Säure und farb- und geschmacksgebenden Stoffen bei großer Kälte rührend hergestellt, man kann aber auch flüssigen Stickstoff nehmen. Die Vietnamesen machen sehr gute Kem. "Phap" ist ein Land in Europa, und die Vietnamesen haben von ihren Kolonialherren, den Phapzosen, die Kunst der Kem-Herstellung erlernt. (Das Wort "Vietnamese" ist übrigens so sinnvoll als würde man in Europa von Irländern oder Dänemarkesen reden - Vietnam hat seinen Namen daher, dass dort das Volk der "Viet" wohnt). Östlich von "Phap" liegt "Duc", mit der bekannten Universitätsstadt "Hai Den Be" und den frühmenschlichen Knochenfunden im "Ne An Den Ta". Wahrscheinlich hat Herbert Rosendorfer seine Inspirationen in Vietnam bekommen, es erinnert auf jeden Fall sehr daran. Nördlich von Phap liegt jenseits des Meeres die Insel "Anh", und westlich davon die Insel "Ai Lan". (Die Namen asiatischer Länder sind wesentlich besser wiedererkennbar, z.B. Malai Xia, Xin Ga Po, Thai Lan oder Kam Pu Chia. Korea ist "Quoc Han".) Mit dem Bierbrauen haben sie aber leider ihre Probleme.

Bananen

Ich habe in Ho Chi Minh-Stadt ein Open-Tour-Ticket über Da Lat bis nach Hue gekauft. Vor der Tour habe ich aber noch an einer organisierten Bootstour durch das Mekong-Delta teilgenommen, die sehr unterhaltsam war. Der Reiseführer hat einige Touristen dadurch verängstigt, dass er gewarnt hat, man solle seine Hand nicht ins Wasser halten, weil im Mekong Krokodile seien. (Krokodile gibt es nur noch weiter flußabwärts fast im Meer.) Das war deswegen besonders eindrucksvoll, weil wir von Zwischenstop zu Zwischenstop in immer kleinere Boote umgestiegen sind, die z.T. gefährlich geschaukelt haben. Der Reiseführer hat sich als "Khii" vorgestellt, und darum gebeten, "Mr. K." genannt zu werden, denn wenn man seinen Namen mit der falschen Betonung ausspreche, sagt er, heiße es "Gestank". (Das ist übrigens ein generelles Problem in Vietnam - der Loose warnt ausdrücklich davor, den Namen eines bestimmten Ortes auszusprechen zu versuchen, weil es mit der falschen Betonung "Penis" heiße, und der Name eines anderen Ortes heißt mit der falschen Betonung "Drei alte Frauen", was zumindest belustigend ist.) Mr. K. hat auch über die Ursprünge des Kinderreichtums im Mekong-Delta spekuliert - dort wird eine Substanz namens "Schlangenwein" produziert, wozu etliche Schlangen kunstvoll in Flaschen drapiert werden, die dann mit Alkohol aufgefüllt werden. Nach sechs Monaten wird die Flüssigkeit als Aphrodisiakum verkauft - Mr. K. sagt, Viagra sei in Vietnam illegal. Außerdem hat er aus der vietnamesischen Geschichte erzählt: "After unification, Government collectivise farming. Farmers not happy. Vietnam have to import rice. Then government give back land to farmers. Now Vietnam export rice." Das ist übrigens schon eine ganze Weile her ... in Vietnam war man offensichtlich etwas pragmatischer als in Osteuropa.

Abends bin ich durch Zufall in einem Restaurant gelandet, das von Taubstummen betrieben wird. (Ich wußte zwar, dass das existiert, bin aber nicht bewußt hingegangen.) Es war schwierig, sich mit der Kellnerin zu verständigen, das Essen war aber sehr gut.



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